Aurikelschau (33)

05.09.2020

Inzwischen kann ich nicht mehr richtig trennen zwischen Wohnen und Baustelle. Es sind die kleinen Dinge, die kleinen Fortschritte, die unser Heim jetzt gemütlicher machen. Der Kerzenleuchter, der sein Dasein nicht mehr im Keller fristet, nun einen Ehrenplatz bekommen hat und zum Dank hell erstrahlt (natürlich nicht, ohne dass Daniel zwei Stunden an ihm gerubbelt hat). Das Cembalo, das eigentlich schon ausgemustert werden sollte und nun unser Wohnzimmer very sophisticated erscheinen lässt (was wir natürlich auch sind). Der Tritt unter dem Spiegel, der es uns ermöglicht, morgens unfallfrei die Socken anzuziehen (nicht, das wir uns dafür hinsetzen müssten). Und so gibt es noch einige unbeschriebene Dinge in unserem Zuhause, die sich klammheimlich auf die Fotos des Fortschritts schleichen.


Davon abgesehen war diese Woche der Klempner da und hat endlich den Schniepel vom Heizungsrohr entfernt, sodass wir die Ecke einpacken konnten. Außerdem hat er nicht die Entkalkungsanlage eingebaut, sodass wir nun butterweiches Wasser haben. Daniels butterweich versteht sich, nicht mein kühlschrankhartes butterweich.


Und das Schönste an all diesen Fortschritten ist, dass wir jetzt Besuch empfangen können an unserem neuen Tisch. An DEM Tisch.

Aurikelschau (32)

Tag 29: 22.08.2020

Daniel (16:00-21:00), Ulf (11:00-21:00)

  • Fensterlaibung
  • Fliesen im Flur

Heute war mal wieder ein Baustellentag, den wir mehr schlecht als recht vor uns her geschoben haben. Die restliche Flurverfliesung und die Fensterverlaibung schrieen so laut nach Beachtung, dass wir sie nicht länger ignorieren konnten. Und ich sage es nur ungern: Es fühlt sich toll an, das endlich erledigt zu haben. Daniel war schon erschöpft von der Arbeit gekommen, während ich schon von der Maurerei vorverzweifelt war. Ich habe es trotz aller mir und YouTube bekannter Tricks nicht geschafft, die Fensterlaibung glatt zu kriegen. Ich glaube der Mörtel war kaputt! Jedenfalls hängt er jetzt halbschlaff an der Wand als wäre er ein senkrechtes Wellenbad. Bestenfalls einzigartig.

Die Fliesen forderten alles von uns, waren wir doch gar nicht mehr in Baustellenverfassung. Rücken, Knie, Kreislauf: alles machte uns irgendwie zu schaffen. Und ganz zu schweigen von den widerspenstigen Fliesen, die sich immer auszudehnen schienen, wenn sie zu breit waren, und zusammenzuziehen schienen, wenn sie ohnehin schon zu schmal waren. Gut, dass wir noch eine Extrapackung besorgt hatte, so sind wir mit dem Material gerade hingekommen. Nicht so mit dem Fliesenkleber. Den Weg zum Baumarkt kannte ich ja schon…. 

Das Ergebnis kann sich sehen lassen, finde ich. Lästig ist jetzt der Weg in die Küche. Wenn wir manchmal nachts aufstehen, z.B. um uns eine Yoghurette aus dem Kühlschrank zu holen, müssen wir erst ganz runter in den Keller, durch die Waschküche (kein Lichtschalter) und dann wieder hoch in die Küche. Und das alles halb nackt. Na gut, im Schlafanzug. 
Das ist bestimmt nix gegen die 14-Tage, in denen wir die Treppe nicht werden benutzen können, weil die Stufen versiegelt wurden.

Aurikelschau Extra (2)

Ja, sind wir denn hier im Zoo?

Tiger, Giraffe, Wolf, Ameise, Igel, Hund und Strauß. Und natürlich Affe, Esel und Co. Sie alle kann man im Zoo bestaunen (vielleicht abgesehen von der Ameise, die nerven einfach überall). Aber auch während der Bauzeit sind sie uns begegnet. Denn Handwerker sind bisweilen sehr kreativ. Nicht nur beim Erfinden von Pfusch am Bau, sondern auch beim Erfinden von Namen für irgendwelche Werkzeuge, die wir normalsterbliche Durchschnittshobbyhandwerker nicht kennen, geschweige denn schon mal gesehen haben.
Ein PapierTIGER z.B. ist eine mit scharfen rollenden Zähnen ausgestattete Platte zum Aufschlitzen von Tapeten, während die GIRAFFE vor dem Tiger keine Angst zu haben braucht (sie leben ja auch sonst in ganz verschiedenen Welten). Sie ist ja der Hals einer überdimensionierten Schleifmaschine mit integriertem Staubsauger, die nach dem Spachteln die Unebenheiten beseitigt.
WOLF und STRAUß sind Markennamen der extra praktisch angefertigten Handwerkerhosen, und AMEISE und HUND Transporthelfer. Bei „Ameise“ kann die Assoziation noch verstehen, aber „Hund“…?
Die IGELrolle hat die gleiche Funktion wie der Papiertiger, hat ihren Namen aber nicht von der Funktion sondern dem Aussehen. Die Stachel sehen fürchterlich aus. Bloß nicht anfassen, höchste Verletzungsgefahr. Und da kommen AFFE, ESEL und co. ins Spiel, denn wir sind es ja schließlich, die all diese Dinge bedienen müssen. Mit mehr oder weniger Erfolg.

Im Zoo sehen die alle etwas anders aus und zumindest der Igel ist auch nicht so furchterregend. Allerdings wird das Haus auch nicht fertig, wenn man nur in den Zoo geht.


Aurikelschau (31)

Wohnen 3: 15.08.2020

Nach 14 Tagen groben Aufräumen und feinen Sortieren, sind wir schon weit gekommen. Aber noch immer liegen überall die schwierigen Entscheidungen herum, die gemeinsam zu treffen viel schwieriger ist, als allein.
Heute lasse ich Bilder sprechen, denn die sagen mehr als 1000 Worte. Ach nee, das waren ja Blumen. Naja… Die Fotos zeigen ungeschminkt der Ist-Zustand unseres bescheidenen Heims an.

Es fehlen gar nicht mehr so viele große Teile: die Fliesen im Flur müssen gelegt, Daniels Notensammlung muss ausgepackt, die Wange der Terrassentür muss verputzt und natürlich der Schutthafen muss beseitigt werden. Der Keller ist noch gar nicht schöner geworden, sieht man mal von dem Buffet und den Vorratsregalen ab. Es ist also noch viel zu tun: bleibt alles anders.

Aurikelschau (30)

Wohnen 2: 01.08.2020

Der zweite Umzug ist geschafft. Meine Sachen sind wie durch Zauberei und ganz ohne körperliche Anstrengung aus Hannover in den Aurikelstieg gekommen, alles hat sich selbst ausgepackt und an den neuen Platz gestellt und alles hat dabei auch einen Platz gefunden. Beinahe genauso wie am Anfang von Harry Potter 6, als Dumbledore das von Slughorn angerichtete Chaos beseitigt. Und dann auch noch süffisant behautet, dass das Spaß gemacht hätte. Jetzt endlich verstehe ich den Witz. Denn alles das ist bei mir natürlich nicht passiert. Tapfere und mehr oder weniger schwitzende Freunde waren verwundert, wo überall in meinem Elternhaus meine Sachen versteckt waren. Lara, Kathrin, Henning, Jan, Lars und natürlich Daniel haben mir geholfen. Irgendwann bekam ich das Verbot, noch lange Teile oder Bretter anzuschleppen. Aber wir haben (fast) alles in den Wagen reingekriegt und auch (fast) nichts vergessen. Dafür haben wir auch (fast) keine falschen Teile mitgenommen. Ein hervorragender Erfolg.

Nur ein winziger Teil der Kartons…

Im Aurikelstieg angekommen hatte Lydia bereits die Parksituation klargemacht, sodass ich nur noch rückwärts einparken musste. Das Ausladen wurde in Teams aufgeteilt: Lydia und Daniel schleppten vom Wagen zum Haus, ich verteilte die Sachen in Haus. Soviel Treppen bin ich noch nie auf einem Haufen gelaufen. Und so geschwitzt habe ich auch wirklich schon lange nicht mehr. Zuletzt im Leinebagger-Vierer auf dem Maschsee. Cardio-Training ist gar nichts dagegen. Am Ende waren alle Teile verteilt – deswegen heißen sie doch so, oder? – ich war seehehr erschöpft, aber gut erschöpft, mit einem erleichterten Gefühl der Befriedigung, alles geschafft zu haben.

Am nächsten Morgen haben wir noch einige Chaoshaufen verlegt, verstellt oder versteckt, mal eben die Terrasse in Betrieb genommen (natürlich nur die, auf der nicht der sieben Kubikmeter große Schutthaufen liegt) und waren auf unseren ersten Besuch. Die Familie und die Schwiegereltern kommen – letztere mit der Motorsense, damit wir endlich des Gewuchers im Garten Herr werden.

Aurikelschau Extra

Vier.

4 ist die Zahl des Umbaus. Am 4. Januar hat Daniel das Haus zuerst besichtigt. Dann folgten 4 Monate elendigliche Warterei und 4 Wochen und 4 Tagen Umbau, verteilt auf 4×7 Bau- und 6 Blautage (Sechs?). In der Bauzeit haben wir 4 Wände eingerissen und 4 Räume von Fliesen befreit, mit Sicherheit mehr als 4 Kubikmeter Schutt produziert. Später dann haben wir 4 Kisten Tapeten verklebt und dabei nicht die angepeilten 4 Eimer Kleister verbraucht. Jede Wand, die tapeziert werden sollte, musste 4 Arbeitsschritte über sich ergehen lassen: abkratzen, spachteln, schleifen, grundieren.

Neben der Küche, die jetzt mit dem Esszimmer vereint ist, haben wir 4 Wohnräume saniert und für jedes ein eigenes Farbkonzept erdacht. Eigentlich waren in unserem Farbkonzept ja 4 Farben vorgesehen, nämlich hellbeige und himmelblau sowie unsere Hochzeitsfarben petrol und sonnengelb. Es hat sich aber eine fünfte eingeschlichen, sozusagen als Reminiszenz an die vorherigen Überlegungen der Küchenfarben: nämlich paprikarot. Grundfarbe sollte beige sein und für jedes Zimmer hatten wir eine zusätzliche Farbe an einer oder mehr Wänden vorgesehen. Petrol im Schlafzimmer: beruhigend, ausgleichend und sonnengelb im Arbeitszimmer: anregend, die Kreativität fördernd. Spontan kann dann noch paprikarot im Ankleidezimmer hinzu: frech, stimulierend. Auf, dass die Outfits passen.

Davon abgesehen ist das Haus genauso geworden, wie wir uns das vorgestellt haben. Die weißen Streifen um die Tür- und Fensterrahmen wirken sehr edel, die selbst verlegten Fliesen in Küche und Flur passen 1a zur Wandfarbe, zur Küchen und unserem Geschmack. Der Tisch steht im Zentrum unseres Lebens zwischen Wohnzimmer und Küche, die Küche ist immer noch geil mit ihrem schönsten Grau der Welt und den Echtholzfronten. Die Stühle mit der dubiosen Farbe „schlamm“ passen aber sowas von haargenau zu den Fronten, dass es wie im Katalog aussieht, und die selbstgebaute Lampe aus LED-Leuchten und einem Fachwerkbalken wartet unten im Keller auf die Fertigstellung. Das hindert uns aber nicht daran, bereits Gäste in unser Haus, an unseren Tisch einzuladen. An den Tisch, mit dem kurz vor Silvester alles begann.
Denn — das muss ich zugeben — wir haben unsere 4 Wände um den Tisch herum gebaut.

Aurikelschau (29)

Wohnen 1: 22.07.2020

Heute war der Teppichverleger da und hat Schlaf- und Ankleidezimmer schick gemacht. Eigentlich war er ja ein, zwei Tage zu spät dran, das hat jetzt aber der charmanten Vorteil, dass die Zimmer vollkommen frei von Umzugschaos geblieben sind. Das Schlafzimmer hat ein Bett bekommen, ein Nachttisch mit Lampe, eine Kommode und einen Kleiderstuhl. So sieht es richtig gemütlich aus. Das klappte aber nur, weil die bescheuerten Fußleisten schon montiert worden waren. Und wenn man nur bis zur Kommode vorgeht, sieht man auch den Schuttberg im Garten nicht.

Schlafzimmer an Tag 1

Den ganzen Tag schwirren mir die vermaledeiten Fußleisten im Kopf rum. Natürlich nur die, die noch vor mir liegen und zersägt werden wollen. Ich hätte heute nicht so viel geflucht, sagt Lydia, wäre viel ausgeglichener gewesen. Ja, ich hab ja auch schon die erste Nacht im neuen Haus hinter mir. 

Während ich also (leise) fluchend vor mich hin fußleistere, wirbelt Lydia putzend um mich herum, da is dat Ende von wech. Sie saugt, sie fegt, sie putzt Fenster und Türen, sie bereit das Mittagsmahl (die obligatorischen Rosinenbrötchen), sie macht Geschenke. Sie ist unvergleichlich. Danke, Lydia, für deine großartige Hilfe.

Aurikelschau (28, der letzte Bautag)

Tag 28: 21.07.2020

Daniel, Ulf (08:00-21:30)

Der ersehnte Tag ist gekommen: Daniel Umzug war heute. Die Baustelle ist nunmehr, auch wenn noch viele Aufgaben auf uns warten, keine Baustelle mehr. Sie ist zu unserem Zuhause geworden. Drei Wagen und sieben Männer waren nötig, um alle Sachen rüberzubringen. Wir haben Bett, Buffet und Sofa aufgebaut und den ersten Abend mit rumpuzzlen und improvisieren verbracht. Alles, was jetzt noch passiert, ist nichts weiter als der Beginn eines Lebens zu zweit.

Nicht verschwiegen werden soll noch, dass ich mich auch heute vormittag erneut ausgiebig mit den Fußleisten rumärgern musste. Die Räume sollten ja vollgestellt werden…

Aurikelschau (27)

Tag 27: 20.07.2020

Lydia (08:00-18:00), Ulf (08:00-22:00)

  • Wohnzimmer: Fuß- und Viertelleisten angebracht (begonnen)
  • Arbeitszimmer: Fuß- und Viertelleisten angebracht (fertig)
  • Flur oben: verfugt
  • Flur unten: gestrichen
  • Erdgeschoss: geputzt, geputzt, geputzt
  • Hauswirtschaftsraum: Gefriertruhe in Betrieb genommen
  • Werkstatt: Werkzeug aus dem ganzen Haus hierhergebracht

Fazit: Boah, was bin ich stinkig auf diese scheiß Fußleisten. Eigentlich können sie ja nix dafür, denn Schuld ist das extra schiefe Haus. Aber an dem kann ich ja nun mal nix ändern, also muss ich auf die blöden Fußleisten schimpfen. Und dann erst diese Viertelleisten. Die Nägel sind so dünn, dass ich nicht sehen, nur fühlen konnte, wo der Kopf und wo die Spitze ist. Kein Wunder, dass bei dem ganzen Manöver bestimmt 3 von 4 Nägeln abgebrochen sind. Und ich sag euch, dieser Super Fest Kleber aus der Spritzpistole, der taugt überhaupt nix. Jedenfalls haftet er nicht super fest an der Fußleiste. Und schon gar nicht an der Wand. Worauf man sich verlassen kann, ist, dass der Super Fest Kleber die Rundungen der Wand eben nicht mitmacht.

Das Beste an dem Tag aber war der Tisch. DER Tisch, der alles ins Rollen gebracht hat, der Tisch, nach dem wir unser Haus ausgesucht haben.

Warum nur all der Ärger: Heute ist der letzte Baustellentag und die Vorbereitungen für den Umzug mussten eifach fertig werden. Da half auch nicht zu Lamentieren. Oder zu fluchen. Oder mit dem Hammer den Fußboden zu bearbeiten. Oder die Nagelpackung durch den Raum zu schießen. Naja. Endspurt eben. Daniel hat mir derweil Mut zugesprochen und ganz viele Kartons gepackt.